Leben mit Wasser in Calw
Leicht
Dieser Stadtrundgang zum Thema „Wasser“ hält für Sie anschauliche Beispiele für die vielfältige Präsenz dieses wichtigen Lebensspenders in der Vergangenheit und Gegenwart bereit.
Details der Tour
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Besonderheiten der Tour
Kulturelle Highlights
Wegebeschaffenheit
Beschreibung
Leben mit Wasser
Calw mit seiner Lage an der Nagold wurde schon immer vom Wasser geprägt und beeinflusst. Das Calwer Stadtbild wurde durch die Kraft des Wassers als gestalterisches Element im Laufe der Jahre sehr verändert. Die zerstörerische Wirkung auf die Stadt und das nutzbare Energiepotenzial sollen deutlich werden, der Fluss als Transportweg dargestellt und schließlich das Bemühen der Calwer für eine gute Trinkwasserversorgung und Entsorgung der Abwässer in der Geschichte der Stadt aufgezeigt werden.
1. Zentraler Omnibus Bahnhof (ZOB): Brunnen
Der Brunnen am Zentralen Omnibus Bahnhof in der Bischofstraße 10 besteht aus verschiedenen Motiven rund um das Thema „Bischof“. Ein Karrenwagen, ein Bischof und verschiedene andere Symbole und Zeichen zieren den Brunnen. Der Legende nach zog 1077 der Bischof von Verdun durch das Tal und wurde auf der Calwer Burg wegen eines zu erwartenden Lösegeldes festgehalten, nach einer anderen Interpretation stammt der Name von „Büsch nuff“, da der Hang vor dem Bahnbau dicht mit Büschen bestanden war. Beim ZOB entspringt eine Quelle. Diese fließt in die Nagold.
In der Jugendzeit von Hermann Hesse war die Quelle in einem Keller dort gefasst. Vater Johannes schickte seinen Sohn dort hinab, um frisches Quellwasser zu holen, wenn er das Wasser aus den Hausleitungen (die waren aus Blei) leid war. Dieses schildert Hermann Hesse in seinen Jugenderinnerungen.
2. Nikolausbrücke: Die Nagold
Die Nagold entspringt einer Quelle bei Urnagold (Gemeinde Seewald) und mündet im Pforzheimer Stadtzentrum in die Enz. Die Nagold ist 92 Kilometer lang und hat ein Einzugsgebiet mit einer Fläche von ca. 1.150 Quadratkilometer. Sie hatte für Calw immer schon eine große Bedeutung: Sie lieferte Trinkwasser für Mensch, Tier und Pflanzen, Wasch- und Gebrauchswasser für die Hauswirtschaft und viele (vor-)industrielle Betriebe wie beispielsweise die Gerberei. Früher trieb die Nagold mit ihrer Wasserkraft Mühlen und Sägewerke an, heute sind es Generatoren zur Stromerzeugung. Weiter hat die Nagold eine wichtige Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Die wichtigsten Nebenflüsse sind Waldach, Teinach und Würm.
Wasserkraft aus der Nagold
Mit einem Laufwasserkraftwerk, das sich oberhalb der Nikolausbrücke mitten in Calw befindet, wird elektrische Energie erzeugt. Das Wasser der Nagold treibt über eine Kaplanturbine einen Generator mit einer Leistung von 220 Kilowatt (kW). Jährlich werden so ohne Kohlendioxid-Ausstoß eine Million Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt. Im neu errichteten Kraftwerksgebäude befindet sich auch die Schaltanlage für die Calwer Stromversorgung.
Erstaunlich: 1910 ging in den Calwer Häusern erstmals das elektrische Licht an.
3. Nikolausbrücke: Flößerei und Hochwasser
Flößerei in Calw
Die Flößerei prägte die Stadt bis zur Eröffnung der Bahnstrecke 1872. Das letzte Floß fuhr 1911 durch Calw. 20 bis 30 Meter lange Holzstämme (auch Holländer genannt) wurden zu Sammelplätzen in den Flussniederungen von Nagold und Enz verfrachtet. Die mächtigen Tannen- und Fichtenstämme des Nordschwarzwaldes wurden zu Flößen von bis zu 200 Meter Länge gebunden und über Nagold und Enz zum Neckar geflößt. Von hier aus ging die Reise über den Rhein bis in die Niederlande, wo der Rohstoff aus dem Schwarzwald reißenden Absatz fand. Durch die Flößerei und auch den Tuchhandel hatte Calw sich im 19. Jahrhundert zu einer bekannten und reichen Handelsstadt aufgebaut. Das Palais Vischer in der Bischofstraße, in dem sich heute das Stadtmuseum befindet, ist heute noch ein Zeichen dieses Reichtums.
Hochwassergefährdetes Calw
Die geographische Lage Calws im engen Kerbtal der Nagold begünstigt Hochwasserereignisse und ist für Calw ein ständiger Anlass zur Vorsorge.
Chronologie starker Hochwasserereignisse:
1472: Hauptaltar der Marienkapelle am Brühl war im Wasser versunken.
1613: 20 Personen „jämmerlich weggenommen und ersäuft“.
1633: Obere Brücke bis auf zwei Bögen weggerissen, Ledergasse 2,5 Ellen unter Wasser, Leichen werden vom Friedhof Brühl weggespült, der Schießbach reißt ein großes Loch in die Stadtmauer, es wird zum Salztörlein ausgebaut.
1740: Nikolausbrücke schwer beschädigt, zwei hölzerne Brücken weggeschwemmt.
1824: Zwei Tage Regen, zwei Steinbrücken und 132 Privatgebäude beschädigt.
1851: Schweres Gewitter, 3.000 Floßstämme stauen sich vor der Nikolausbrücke, neun Tote, danach Typhusepidemie. Die Flößer aus dem Nagold- und Enztal arbeiteten wochenlang, um die Flöße neu einzubinden.
Es folgten weitere schwere Hochwasser im 19. und 20. Jahrhundert. Wegen dieser Gefahren hatten die Häuser an der Nagold keine Keller. Mietkeller befanden
sich an den Hängen, überwiegend auf der Gäuseite der Nagold.
4. Hermann-Hesse-Platz: Hermann-Hesse-Brunnen
Der auf dem kleinen Platz befindliche Brunnen wurde 1920 durch einen Gemeinderatsbeschluss zum „Hermann-Hesse-Brunnen“ umbenannt, später aber in die Nähe des Brühl verlegt und bei der Stadtsanierung in den siebziger Jahren wieder am alten Platz aufgestellt. Zu Hesses 70. Geburtstag 1947 wurde auch der Platz selbst nach dem Nobelpreisträger von 1946 benannt. Dieser stellte einen Teil des Preisgeldes des Nobelpreises der Stadt Calw für die Armen- und Schulpflege zur Verfügung.
Hermann Hesse war 1931 das letzte Mal in Calw, begleitet von seinem ältesten Sohn Bruno Hesse. Die Fragen nach seinen Jugenderinnerungen beantwortete der Dichter nicht, er schilderte die Erlebnisse einer seiner Romanfiguren, des Landstreichers Knulp – wie der Dichter ein lebenslanger Wanderer.
5. Gerbereimuseum: Gerberei in Calw
Ohne Wasser geht beim Gerben gar nichts. Das Gerberhandwerk gehörte seit dem 15. Jahrhundert neben der Tuchmacherei zu den wichtigsten Gewerbezweigen der Stadt Calw. Die Gerber siedelten sich vor allem an der Nagold an, denn sie benötigten für den Gerbprozess reichlich Wasser. Die Felle wurden in die Nagold gehängt und dort gewässert. Auch die Abwässer wurden direkt in den Fluss geleitet. Es war wohl ein übelriechendes Geschäft, weshalb die Gerber auch nicht gerade zu den beliebtesten Handwerkern gehörten.
Tipp: Besuchen Sie das Gerbereimuseum (ehem. Weißgerberei Balz), Badstraße 7/1, Telefon 07051 3751, www.calw.de/Gerbereimuseum
geöffnet: April bis Oktober, sonntags 14-17 Uhr.
Im Erdgeschoss und in einem Backsteinanbau an der Nagold befinden sich die Wasserwerkstätten mit historischen Maschinen. Die Räume des 1. Obergeschosses wurden mit Einrichtung des Gerbereibetriebes als Fellstube und Zurichtraum genutzt. Hier wird heute die Trockenverarbeitung der Felle und Häute sowie deren Vermessung gezeigt. Im Vorderhaus wurden Ausstellungsräume im ersten Stockwerk eingerichtet. Sie bieten Möglichkeiten für Wechselausstellungen und sollen in das Museum integriert werden. Es gibt zudem eine Cafeteria und einen Museumsladen.
Marktplatz: Die Marktbrunnen
Die beiden Marktbrunnen wurden erstmals 1523 erwähnt. Ihr heutiges Aussehen erhielten die Brunnen vermutlich 1686. Die Zuleitung des Wassers erfolgte bis ca. 1877 über sogenannte Teuchelleitungen. Die Brunnen dienten auch als Wasserspeicher zur Brandbekämpfung.
Das Wasser reichte leider nicht aus, um die großen Stadtbrände in den Jahren 1634 und 1692 einzudämmen.
6. Unterer Marktbrunnen
Der vierstrahlige, achteckige Brunnen vor dem Rathaus, der 1842 renoviert wurde und dessen Löwe das Württembergische Wappen hält, gehörte mit weiteren 19 öffentlichen Brunnen zum Teil der früheren Trinkwasserversorgung der Stadt an. Es existierte eine Brunnenordnung, die nicht nur die Verteilung des Wassers regelte, sondern auch Vorschriften zur Vermeidung von Verunreinigungen des Wassers enthielt. Die Einhaltung der Vorschriften wurde durch einen Brunnenmeister oder die Stadtwache überwacht. Verstöße wurden streng geahndet.
Der Brunnen wurde 2021 renoviert.
7. Oberer Marktbrunnen
Im Jahre 1622 hat der Steinmetz Hans Kessler den oberen Marktbrunnen für 760 Gulden neu erstellt. Der Brunnen trägt auf seiner Brunnensäule die Jahreszahl 1686 und einen Löwen, der das Württembergische und das Calwer Wappen hält. Der Löwe ist nicht nur das Wappentier der Calwer sondern auch Schildträger der Wappen des Herzogs von Württemberg.
8. Hessegarten: Quelle Hagbrunnen
Zum 125-jährigen Geburtstag (2002) des in Calw geborenen Dichters Hermann Hesse wurde die Quellfassung und ein Teil des einst verdohlten Hagbrünnleins ans
Tageslicht geholt und als Garten (Hesse-Garten) gestaltet.
Früher gab es in Calw sechs Quellfassungen:
› Hafnerbrunnen (östlich der Nagold gelegen) - versorgte den Südteil der Stadt und den unteren Marktbrunnen
› Walkmühlenbrunnen (Teuchelbrunnen) - versorgte den Nordteil Calws und den oberen Marktbrunnen
› Wurstbrunnen - versorgte das Gebiet um den Burgberg
› Bad-Brunnen/Hag-Brünnlein/Bischofsbrunnen - hatten nur begrenzte Bedeutung
Ab dem Jahre 1878 verfügte die Stadt über eine zentrale Wasserversorgung mit Gussrohren (29 Brunnen und 289 Hausleitungen).
9. Untere Brücke/Brühl: Regenüberlaufbecken
Unter den überdimensionalen „Stühlen“ befindet sich ein modernes Regenüberlaufbecken.
Durch die Speicherung des Schmutzes, der bei starken Regenfällen anfällt, werden die Nagold und das weiterführende Kanalnetz entlastet. Unter dieser künstlerisch gestalteten Deckplatte befinden sich fast 300 Kubikmeter Beckenvolumen, ein Rührwerk, ein Mess- und Drosselschacht und die Schaltanlagen.
10. Nagolduferweg: Öffnung zum Fluss
Der Nagolduferweg (entlang der Nagold von der Marktbrücke bis zur Unteren Brücke) wurde im Jahr 2002 geschaffen. Er öffnet die Stadt zum Fluss hin und lädt zum Spazieren entlang des Wassers ein.
11. Spielplatz: Mündung Hagbrunnenbach
Am Spielplatz am Brühl mündet der Hagbrunnenbach, dessen Quelle im Hesse-Garten entspringt. Der kurze, offene Verlauf schließt an den Spielplatz an. Ein beliebter Aufenthaltsort nur wenige Meter von der belebten Lederstraße entfernt.
12. Lederstraße 46: Historische Hochwassermarken
Die Hochwasserstände wurden, zum Teil in Stein gemeißelt, an verschiedenen Fassaden dokumentiert. Die älteste Markierung ist von 1633. Die Hochwassermarken im Sandstein des Hauses Lederstraße 46 sind besonders markant sowie die an den Fassaden der Häuser zum Weinsteg. Der Eisenring am Nachbarhaus war zum Anbinden der Boote bei Hochwasser, die der Versorgung der Bevölkerung dienten. Die Hochwassermarken vom Dezember 1947 zeigen auf, wie von der Lederstraße bis zum Brühl die Stadt meterhoch unter Wasser stand. Von 1948 bis 1950 wurde die Nagold tiefer gelegt. Alte Flößerstellfallen und Wehre wurden entfernt und somit erreicht, dass der Wasserpegel um zwei Meter abgesenkt wurde. Dies hat sich positiv ausgewirkt, wie Hochwassermarken von 1990 und 1993 zeigen. Nach 1993 hat man den Hochwasserschutz durch Metallbohlenkonstruktionen weiter verbessert. Die Metallbohlen sind im Winter ständig installiert.
Weitere Hochwassermarken finden Sie:
- Beim Weinsteg: Nach Haus Ledersraße 34 links in Gasse einbiegen
- Marktstraße: Unter der Marktbrücke, Weg an der Nagold entlang
- Badstraße 10
13. Villa Wagner: Brunnen mit Skulptur „Viola“
Die Brunnenskulptur „Viola“ in der Lederstraße wurde vom Künstler René Dantes kreiert. Sie besteht aus schwarzem Granit. Die Skulptur misst eine Größe von 2,70 m und ist 1,5 Tonnen schwer. Enthüllungsdatum war der 23. Juni 2001. Die Skulptur ist von einem Wasserspiel umgeben.
14. Palais Vischer: Holzhandel
Calw war im 17. und 18. Jahrhundert, durch die erfolgreiche Tätigkeit der Calwer Zeughandlungs-Compagnie (Zeuge = Tuche, Wollstoffe), die reichste Industriestadt von Württemberg. Ein Teil des Reichtums erwirtschaftete auch der Holzhandel, ein Privileg übertragen von den Fürsten (siehe auch Station 3). Die Familie Vischer war federführend für dieses Geschäft. Johann Martin Vischer konnte es sich leisten, 1787 drei Häuser in der Bischofstraße aufzukaufen, abreißen zu lassen und an ihrer Stelle dieses Palais im Louis Seize-Stil mit Nebengebäuden erstellen zu lassen (Versicherungswert: 20.000 Gulden).
15. Untere Mühle: Größtes Mühlrad im Nordschwarzwald
Beim Stadtteil Stammheim steht im Schleiftal die ehemalige Getreidemühle „Untere Mühle“ von 1843, die von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Jahr 1957 in Betrieb war. Angetrieben durch das größte, hölzerne, oberschlächtige Wassermühlrad Europas, mit einem Durchmesser von 11,50 Metern, ist sie zu einem Kulturdenkmal geworden.
Hinweis: Da sich das Mühlrad im Stadtteil Stammheim befindet, wird es bei diesem Stadtrundgang durch die Calwer Innenstadt nicht angesteuert.
Autorentipp
Brunnen in den Calwer Stadtteilen
Auch in den Stadtteilen Altburg, Hirsau, Holzbronn und Stammheim sowie im Stadtwaldgebiet finden Sie interessante Brunnen, die eine Besichtigung lohnen.