Auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser
Mittel
Vom Schwarzwald bis zum Heckengäu entlang des Europäischen Kulturfernwanderweges
Auf den Spuren der Hugenotten- und Waldenser durch das Heckengäu, das bedeutet Wandern mit spannender Geschichte in weiten, vielfältigen Landschaften.
Details der Tour
Empfohlene Jahreszeit
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Besonderheiten der Tour
Aussichtsreich / Kulturelle Highlights
Wegebeschaffenheit
Wegmarkierung
Beschreibung
Der insgesamt 1800 km lange Kulturfernwanderweg folgt dem realen historischen Fluchtweg der Hugenotten aus der Dauphiné von Poët-Laval im Drôme-Gebiet in Südfrankreich über Genf nach Baden-Württemberg und ihrem weiteren Weg durch Hessen bis Bad Karlshafen. Der Exilweg der aus den piemontesischen Tälern Italiens kommenden Waldenser stößt kurz vor der schweizerischen Grenze in Genf auf den Weg der Hugenotten. Der Weg verläuft weiter durch die Schweiz nach Schaffhausen.
Im Heckengäu lässt sich die Waldensergeschichte wunderbar auf der Wanderschaft entdecken. Mehrere Waldenserorte prägen die Kulturlandschaft des Heckengäus: Neuhengstett (Gemeinde Althengstett), Perouse (Stadt Rutesheim), Lucerne (Gemeinde Wurmberg), Pinache (Gemeinde Wiernsheim) und Dürrmenz (Stadt Mühlacker). Alle diese Waldenserorte, die von Herzog Eberhard Ludwig von Baden-Württemberg auch in der Hoffnung auf einen Aufschwung der Landesentwicklung gegründet wurden, liegen am Hugenotten- und Waldenserpfad.
Das Emblem des Kulturfernwanderwegs "Hugenotten- und Waldenserpfad" besteht aus folgenden Elementen:
Die Scheibe
Erinnerung an die "méreau", eine in Münzform geprägte Marke, die den Hugenottengemeindemitgliedern Zugang zur geheimen Abendmahlsfeier erlaubte.
Der Blauton
Das typisch "chairrette-bleu" der Dauphiné, das lavendelähnliche Blau von Karren, Türen und Fensterläden.
Die Figur in der Scheibe
Diese Figur ist einer "méreau" entnommen und zeigt den Wanderern ihren Weg.
Die grüne Linie
Sie symbolisiert die lange Strecke des Kulturfernwanderwegs durch die verschiedenen Landschaften Europas.
Autorentipp
Die Wanderkarte "Auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser" mit dem Streckenverlauf des Pfades in Baden-Württemberg erhalten Sie im Online-Shop.
Wegbeschreibung
Im Calwer Raum verläuft der Pfad überwiegend auf Wegen des Schwarzwaldvereins, der ihn mit dem Logo des Waldenser- und Hugenottenpfads (runde blaue Scheibe und geschwungene grüne Linie) ausgeschildert hat. Folgen Sie diesem Logo und den Wegweiserstandorten des Schwarzwaldvereins: Freibad, Schlittenbachbrücke, Stammheimer Steige, Höfle, Calwer Markt, Gutleutberg, Schönbiegel, Friedhof, Welzberghütte, Welsches Häusle, Zübert, Welscher Weg, Waldenserkirche, Waldenserstein, Waldkindergarten, Simmozheim
Wir starten unsere Wanderung am Freibad in Calw-Stammheim und gehen auf der Talstraße in Richtung Campingplatz Obere Mühle. Dort halten wir uns links und 100 m weiter, vor der Gaststätte Schlupfwinkel (geschlossen), rechts. Die Asphaltstraße führt uns leicht bergab und dann tauchen wir, der gelben Raute folgend, nach rechts in schattiges Gehölz ein. Dicht stehen die Bäume des Mischwalds zusammen und unser schmaler Pfad schlängelt sich durch das wilde Geäst hindurch. Bald eröffnet sich uns linker Hand des Weges ein wahrer Blickfang: Über das gemütliche Plätschern des Schlittenbachs hinweg können wir das größte hölzerne Mühlrad Europas bestaunen. Es ist ein faszinierender Anblick, der uns in seinen Bann zieht und kurze Zeit verweilen lässt.
Dann aber ziehen wir weiter und müssen schon bald über die sogenannte Himmelsleiter steil bergauf steigen. Die Anstrengung dauert jedoch nur rund 100 m und wir treffen danach auf einen Forstweg, der uns aus dem Wald heraus und an einigen Schrebergärten vorbei an den Rand eines Industriegebiets führt.
Hier halten wir uns links und schauen über saftig grüne Felder hinweg auf die sanft geschwungenen Schwarzwaldhügel. Wir wenden uns dann nach rechts und werden nun gemütlich bergab nach Calw geleitet. In Calw gründete der Waldensernachkomme Johann Immanuel Perrot aus Neuhengstett 1860 eine Turmuhrenfabrik, in der viele Bewohner des nahen Waldenserortes Neuhengstett Arbeit fanden. Der Dichter Hermann Hesse leistete in dieser bis heute bestehenden Fabrik in Jugendjahren ein Praktikum ab.
Über die Nikolausbrücke queren wir die Nagold und schreiten an der lebensgroßen Bronze-Statue von Hermann Hesse vorbei zum Marktplatz. Rustikale Fachwerkhäuser umsäumen die malerische Innenstadt, in der sich gemütliche Cafés und Restaurants aneinanderreihen. Zeit für eine kurze Pause!
Danach gehen wir auf der Lederstraße an einigen kleinen Geschäften vorbei und schließlich nach rechts in Richtung Brauhaus, um erneut die Nagold zu überqueren. Wir wandern unter den Bahnschienen hindurch und folgen der Straße aus Calw heraus. Nun geht es auf dem Welzbergweg bergauf und in den Wald hinein, und wir gelangen so zum Aussichtspunkt Welzberghütte. Von der kleinen Holzhütte aus offenbart sich uns ein großartiger Blick auf den im Tal liegenden Klosterort Hirsau.
Schließlich verlassen wir den breiten Weg nach rechts und steigen über einen Pfad weiter bergauf. Wir passieren den sogenannten Wackelstein, der seinen Ursprung in keltischer Zeit haben soll und früher von Mädchen und Jungen zum Wackeln gebracht wurde. Anschließend wandern wir auf einem von Gräsern und Blumen gesäumten Pfad weiter und verlassen alsbald den Wald wieder. Die Asphaltstraße verläuft nun flach und zwischen Wiesen und Feldern hindurch an den Rand von Heumaden zum Welschen Häusle. Die Steinhütte gab den Waldensern aus Neuhengstett auf ihrem Weg zur Arbeit nach Calw Schutz vor der Witterung. Von hier bietet sich uns ein wunderbarer Blick ins Heckengäu und auf die südlichen Höhen des Schwarzwalds.
Am Welschen Häusle halten wir uns links, und gehen nach Überqueren des Tälesbachs schräg nach links in den Wald hinein. Wir folgen dem Forstweg geradeaus und erreichen nach circa zwei Kilometern den Waldenserort Neuhengstett.
Im Jahre 1700 gründeten die ersten 28 Siedlerfamilien den Ort und benannten ihre neue Heimat zunächst nach ihrem Herkunftsort Bourset. Ab 1716 wurde die Siedlung dann offiziell Neuhengstett genannt. Bis heute ist der Koloniecharakter mit den langgestreckten Straßen und den regelmäßigen Gebäudestellungen im Ort spürbar. Seine Geschichte präsentiert Neuhengstett mit dem 1769 errichteten Waldensertempel aus Stein und dem alten Waldenserfriedhof. Zur Erinnerung an die 300-Jahr-Feier wurde zudem an der Ortsverwaltung ein Gedenkstein angebracht. Das Heimatmuseum Bourset ist in einem liebevoll restaurierten ursprünglich erhaltenen Waldenserhaus untergebracht. Detailgetreu eingerichtete Räume und weitere Ausstellungen über Geschichte, Handwerk und waldensische Traditionen informieren anschaulich und geben einen interessanten Einblick in die damaligen Lebensverhältnisse der waldensischen Dorfbewohner. Zusätzlich bietet das Museum seinen Besuchern eine Multimediashow mit dem Titel „Die Geschichte der Waldenser“.
Wir folgen der Ottenbronner Straße und verlassen Neuhengstett nach rechts. Ca. 700 m weiter gelangen wir zum Waldenserstein, der 1881 zur Erinnerung an jene damals eingewanderten Waldenserfamilien aufgestellt wurde. Von hier haben wir eine wunderbare Aussicht auf Neuhengstett.
Nun gehen wir rund 400 m parallel zu der Fahrstraße nach links, queren diese und folgen ihrem Verlauf nach rechts. Die am Waldenserstein abzweigende L179 kreuzen wir und wandern auf dem Schotterweg am Hang entlang in Richtung Simmozheim. Rechter Hand genießen wir eine herrliche Weitsicht und gelangen so bald darauf nach Simmozheim.
In Simmozheim kamen 1699 unter der Führung von Waldenseranführer und Pfarrer Henri Arnaud 27 Waldenserfamilien an. Sie stammten aus dem Chisone- und dem Pragelatal in den piemontesischen Alpen, 1700 folgten weitere Familien aus Villaret. 1702 mussten die Familien in Simmozheim auf Anordnung des Herzogs Flüchtlinge aufnehmen, bis geeignete Unterkünfte fertiggestellt waren. Ende 1700 wurde die „Kolonie von Simmozheim“ auf brachliegendem Ödland in den Gemarkungen Simmozheim (30 %) und Hengstett (15 %) und Kirchenratswald (55 %) neu angelegt. Waldensische Familiennamen sind in Simmozheim auch heute noch weit verbreitet.
Auf einem Rundgang können wir nun die historische Ortsmitte mit Backhaus und Dreifaltigkeitskirche erkunden und bekommen über Schautafeln wissenswerte Informationen zur Geschichte des Ortes.
Weitere Informationen
Der Kulturfernwanderweg "Hugenotten- und Waldenserpfad" ist ein Projekt, an dem Partner aus Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz beteiligt sind. Diese Zusammenarbeit soll das Bewußtsein für das historische Kulturerbe der Hugenotten- und Waldenser stärken und bewahren und in Verbindung bringen mit aktuellen Themen wie: Exil, Migration und Integration.
Weitere Informationen erhalten Sie unter www.hugenotten-waldenserpfad.eu
WALDENSER
Die Wurzeln der Waldenser reichen bis in das Jahr 1173 zurück. Sie bildeten eine Laienbewegung, die in aller Öffentlichkeit predigte obwohl die Kirche das verboten hatte. Deshalb wurden die Waldenser durch die Inquisition verfolgt. Sie konnten sich trotzdem in den Cottischen Alpen behaupten. 1532 schlossen die Waldenser sich der Reformation an und errichteten eine eigene evangelische Kirche. Diese war nicht von Luther, sondern von Johannes Calvin geprägt.
HUGENOTTEN
Bald entwickelten die Waldenser enge Beziehungen zu der neuen reformierten Kirche in Frankreich, die ebenfalls von Calvin geprägt war. Die Mitglieder dieser Kirche wurden bald Hugenotten genannt. Viele Hugenotten und Waldenser kamen zwischen 1685 und 1698 nach Deutschland, weil sie in ihrer Heimat verfolgt wurden und gründeten eigene Kolonien, wie z. B. Neuhengstett.
Die Waldenser betonten immer, dass sie keine Hugenotten sind. Sie seien nicht erst seit der Reformation da, sondern schon im 12. Jahrhundert evangelisch geworden.
von: Dr. Albert de Lange wissenschaftlicher Vorsitzender der Deutsche Waldenservereinigung